Bewohner befürchtet Trinkbrunnen-Stopp!!!

Liebe Geschäftsleitung von mehralswohnen

Mit leichtem Befremden nehme ich zur Kenntnis, dass die GL offenbar klar in Richtung „zu ienem guten Abschluss bringen“ des Projekts tendiert. Ich muss sagen, dass ich das erstens wirklich schade und andererseits nicht gerade den Prinzipien (Partizipation und Innovation) entsprechend finde, dei sich diese Genossenschaft auf die Flagge und in die Statuten geschrieben hat. Mehr als wohnen hat sich mit dem Trinkbrunnen für ein spannendes Kunstprojekt
entschieden, statt einfach ein bisschen Kunst am Bau oder eine Betonskulptur aufzustellen. Was macht Kunst aus? Sie soll zum Denken anregen, kontrovers sein, vielleicht sogar ab und zu stören. All das macht die SUZ. Sie ist keine beliebige Spassinstallation, sondern nimmt Elemente aus, die mehralswohnen ausmachen (sollten). Eine Art Dorfplatz schaffen, mehr Interaktion generieren als sie in einem üblichen Quartier stattfindet.

Am Treffen zur SUZ im Frühling, an dem mehr als 20 Personen teilnahmen, waren die Rückmeldungen zum Trinkbrunnen überwiegend positiv. Viele Leute im Quartier nehmen den Trinkbrunnen als spannenden Farbtupfer wahr. Auch das
Tagging und die Kritzeleien an der Trinkbrunnenwand, ist für viele (auch für mich) kein Störfaktor, sondern eher ein lustiger Farbfleck im sonst sehr von grauen Betonwänden geprägten Quartier. Es wurden an der Sitzung verschiedene Lösungen andiskutiert, die Störungen zu minimieren. Die Pflanzentöpfe sind übrigens super. Es wurde auch gesagt, dass viele Leute gespannt darauf sind, ob im Sommer, wenn das gute Wetter kommt vermehrt Erwachsene den Trinkbrunnen
zum Kaffeetreffpunkt machen und sich damit den Raum aneignen, der aktuell v.a. durch die Kinder und Jugendlichen im Quartier beansprucht wird. Das nun das Projekt gestoppt werden soll, bevor der erste Trinkbrunnensommer überhaupt anfängt, finde ich schade und ehrlich gesagt ziemlich mutlos seitens Geschäftsleitung.

Es hinterlässt bei mir auch den säuerlichen Nachgeschmack, dass die
Mehrheitsmeinung am Treffen nicht wirklich von Belang war und der
partizipative Prozess eher eine Alibiübung. Wenn es tatsächlich so ist, dass sich mehr als die 3, 4 Leute massiv am Trinkbrunnen stören frage ich mich: Warum sind diese nicht zum Treffen gekommen? Das mitreden (auch wenn man etwas schlecht findet) gehört doch auch dazu. Ich gehe darum davon aus, dass die Kritiker die Minderheit sind.

Wenn es nur darum geht, dass die Geschäftsstelle keine Lust hat, sich
weiterhin mit gelegentlichen Klagen auseinanderzusetzen, finde ich: Sorry, aber das ist halt der Job. Unter anderem dafür haben wir eine
Partizipationsbeauftragte. Miteinander statt nebeneinander leben bedeutet mehr Reibung. Und das ist kein Makel, das ist eine Qualität.
Und das tolle am Trinkbrunnenprojekt ist, dass es genau diese Reibungsflächen im Alltag aufzeigt, sozusagen die Herausforderungen von mehralswohnen in einem Mikrokosmos spiegelt.

Ich hoffe, ihr haltet noch ein wenig durch und brecht das Projekt nicht
einfach nach den ersten Metern ab. Denn was spannend ist, an der SUZ ist nicht der Kaffee im orangen Becher, sondern der Prozess. Inklusiv Diskussionen, ein wenig Ärger, Farbklecksen, Veränderung und lustigen Szenen. Das ist für mich Kunst!